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WAZ Artikel von Frau Mader

Christa Ufermann hält sich an Alex fest. Sanft zieht sie der Schäferhund geradeaus, vorbei an Menschengruppen, Eisbuden und Bierständen hin zum Kinderkarussell. Hier hält Alex an, schaut zu seinem Frauchen hoch – ein prüfender Blick. Denn Christa Ufermann kann nicht sehen, wo sie steht, sie ist blind. Den Besuch auf

der Saarner Kirmes nimmt sie mit anderen Sinnen wahr: Sie hört, riecht und ertastet den Rummel.

„Plopp … plopp … plopp“

„Hier wird geschossen“, ruft Christa Ufermann. Tatsächlich zielen zu ihrer rechten Seite Jugendliche mit Gewehren auf Plastikscheiben. Der Moderator einer Losbude donnert ins Mikro „Gewinne, Gewinne!“ Sirenen heulen aus Lautsprechern, Bässe dröhnen vom Breakdancer herüber. Christa Ufermann bleibt gelassen, auch wenn es anstrengend ist. Sie erinnert sich an ihre Kindheit. Damals, als ein Besuch auf dem Rummel noch eine Besonderheit war, kreiste sie gerne mit ihrem Vater im Riesenrad über Mülheim. Er erzählte ihr dann, was er sah: Die Dächer der City, Wälder, Nachbarstädte. „Als Kind konnte es nicht laut, schnell und hoch genug für mich sein“, erinnert sich Christa Ufermann.

Christa Ufermann mit ihrem Führhund Alex auf der Saarner Kirmes

Pressefoto

Ihren Vater hat sie mitgezogen, auf Karussell, Schiffschaukel und Achterbahn. Heute versucht die Vorsitzende des Mülheimer Blindenvereins die Kirmes möglichst zu meiden. Schließlich ist es dort voll von Menschen und Barrieren, eng und laut. Nicht nur für sie bedeutet das Reizüberflutung, sondern auch für ihren tierischen Begleiter: Alex, ihren Blindenhund. Auch er wirkt angespannt beim Rundgang über den Rummel. Schließlich muss er arbeiten, sein Frauchen konzentriert durch die Menschenmengen lotsen. Rechts und links lauern Ablenkungen: Klingeltöne aus den Buden, Bratwurstreste auf dem Boden, Kinder, die ihm übers Fell streichen. Alex läuft unbeirrt weiter.

Zimt, Vanille, Röstaromen.

„Hier gibt es gebrannte Mandeln!“ Alex und Frauchen stoppen schon 15 Meter vor dem Stand mit der Zuckerwatte und den Lebkuchenherzen. „Der Wind trägt den Duft herüber“, erklärt Christa Ufermann. Und kauft sich gleich eine Tüte Mandeln. „Die habe ich schon lange nicht mehr gegessen.“ Auch den Fischstand erahnt Christa Ufermann bereits einige Meter, bevor man ihn sehen kann. Die Gerüche gehen ineinander über: Maiskolben, Waffeln, Brezeln – Geruchsexplosion.

Ruckeln, rollen ... Rumms!

„Sollen wir eine Runde drehen?“ Christa Ufermann tastet den Wagen im Autoscooter ab, fühlt das Steuer, die Plastikschalen und setzt sich vorsichtig auf die Beifahrerseite. Die erste Kollision bahnt sich an, Jugendliche steuern auf den Wagen zu. „Achtung, gleich knallt’s!“ Es rummst, Christa Ufermann schreckt zusammen. Und lacht: „Das fühlt sich komisch an, ich saß schon lange nicht mehr in einem Autoscooter -- das letzte Mal als Kind.“

Alex wedelt mit dem Schwanz, als Frauchen unverletzt aus dem Wagen klettert. Er lenkt Richtung Ausgang, genug für heute. Schließlich wartet zu Hause schon die Belohnung: Leckerchen für Assistent Alex. Gebrannte Mandeln für Christa Ufermann.

 

HINTERGRUND

Momentan leben rund 675 Blinde und stark sehbehinderte Menschen in Mülheim. 70 davon sind als Mitglieder im Mülheimer Blinden- und Sehbehindertenverein organisiert. Der Verein bietet Unterstützung, führt Gespräche mit Betroffenen und deren Angehörigen und setzt sich für Barrierefreiheit in der Stadt ein. Jeden ersten Donnerstag im Monat bieten Christa Ufermann und die anderen Vereinsmitglieder von 10 bis 14 Uhr in den Räumen der Partei „Die Grünen“, Bahnstraße 50, eine Beratungssprechstunde an. Weitere Informationen gibt es im Internet: www.bsv-muelheim.de

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